Bayern - Die Glasstraße

Was haben zerbrechliche Kristallweingläser und Tour-de-France-Trophäen gemeinsam? Sie wurden in einer Kristallmanufaktur im Herzen des Bayerischen Waldes geformt. Seit mehr als 700 Jahren üben hier die „Glasmacher“ ihre Kunst aus.

Neueste Ausgabe : 01 September 2016

Eine Champagnerflöte für 40 Liter Schaumwein? Ein Bierkrug, der nicht angehoben werden kann? Ein riesiges Osterei? Eine überdimensionale Glühbirne?

Oder dann doch lieber die Trophäe, die jedem Etappensieger der Tour de France überreicht wird?
All diese einzigartigen Kristallobjekte werden in den Tiefen Bayerns hergestellt, in einer Region im Herzen der weiten Wälder, die Böhmen und Bayern umfassen. Dies ist das Land der "Glasmacher", wie sich diese Kunsthandwerker gerne nennen. Leider sind die Zeiten, in denen Tausende von ihnen diesen edlen Beruf ausübten, vorbei.

Aber hier im Arbergebiet - einem der bekanntesten Gipfel des Massivs - sind sie noch am Werk. In Zwiesel befindet sich auch eine der wenigen Berufsakademien, die Studenten aus aller Welt willkommen heißt. „Aber um Glasbläser zu werden, muss man nach dreijähriger schulischer Ausbildung noch zehn Jahre arbeiten, bevor man behaupten kann, das Handwerk wirklich zu kennen“, erklärt Alois Adam, verantwortlich für die Produktion von Joska , deren Produktion weltweit verkauft wird.
Stars wie Catherine Deneuve, Arnold Schwarzenegger und große sportliche Sieger haben bereits Pokale mit dem Stempel "Joska-Bodenmais" entgegengenommen.

Es ist wahrscheinlich der Herstellung der Trophäen zu verdanken, dass die Kristallfabrik so gewachsen ist. „Das ist in der Tat unsere Spezialität“, sagt Alois Adam. Auch wenn für einen bestimmten Anlass nur ein einziges Objekt produziert werden muss, tun wir das. Unser Ruf steht auf dem Spiel. Für eine Trophäe in normaler Größe benötigen unsere Spezialisten ungefähr 15 Stunden, vom Blasen bis zur Gravur. Alles muss von Hand gemacht werden. "

Von der kleinen Werkstatt zum Glasparadies

Als er sich 1960 als Glasbläser in Bodenmais niederließ, hätte Josef Kagerbauer sicher nicht gedacht, dass Joska eines Tages zum „Glasbläserparadies“ werden würde, das jährlich eine Million Besucher anzieht!

Seine kleine Werkstatt im Herzen der Kleinstadt existiert noch, aber die Besucher werden außerhalb der Stadt erwartet, in einer regelrechten Freizeitanlage rund ums Glas. Da ist natürlich der riesige Laden mit allem, was die Glasmacher herstellen, von schönen und kostbarenen Gläsern über Trophäen, Kronleuchter bis hin zu unzähligen Dekorationsartikeln.

Ein Atelier ist für Glasbläservorführungen reserviert. Jeder Besucher kann hier auch eine „Durstkugel“ blasen die eine Topfpflanze für einige Tage mit Wasser versorgt. Hier werden auch die Materialien gezeigt, die für die Herstellung von Glas erforderlich sind, sowie verschiedene Holzformen.

In anderen Werkstätten kann man den Kunsthandwerkern bei der Arbeit zusehen. „Von unseren 200 Mitarbeitern arbeiten 85 in der Produktion, Glasmacher, Bläser, Graveur, Maler … Jedes Stück wird vor dem Verlassen des Unternehmens sorgfältig geprüft“, sagt Alois Adam. Angesichts der Menge der weltweit verkauften Produkte wird nicht alles vor Ort und von Joska produziert. Dies ermöglicht auch die vorteilhaften Preise bestimmter Artikel.

Ein großer Spielplatz sorgt für Kurzweil bei den Kindern die auch gerne auf die Jagd nach Halbedelsteinen gehen.
Der Garten ist mit vielen Accessoires dekoriert. Aus Glas natürlich. Im traditionellen bayerischen Biergarten kann man sich nach dem (eventuellen) Kaufrausch bei kulinarische Spezialitäten aus der Region stärken.
Puristen werfen Joska diese allzu kommerzielle Entwicklung vor, die zu einem „Disneyland aus Glas“ tendiert. Aber die Besucher, insbesondere Familien, sind begeistert!

Videoausschnitt einer Glasplattendekoration

Die Glasroute

In dieser Region im Bayrischen Wald sind noch andere Kristallwerke tätig, die stolz auf eine jahrhundertealte Tradition in der Kristallherstellung zurückblicken. Entlang der Glasstraße, die von Waldsassen nach Passau führt, findet man sie zusammen mit Galerien und Museen, die wahrhaft fragile Schätze bewahren. Die perfekte Gelegenheit, dieses faszinierende Material zu entdecken.

Frauenau - Glaskunst

Das Dorf Frauenau ist ein wichtiger Zwischenstopp auf der Glasstraße. Hier sublimiert die Familie Eisch Glas. Die Familientradition reicht über 300 Jahre zurück. Ihre Werkstatt grenzt an die Gärten und das Glasmuseum. 

Die Nachfahren einer langen Reihe von Glashandwerkern eröffneten vor 70 Jahren ihre Werkstatt, um Glas zu veredeln, das für Fantasie, Farbe, technisches Know-how und Kunst steht. Bei einer Führung erfahren die Besucher alles über den Herstellungsprozess, die Geschichte der Familie und entdecken auch ungewöhnliche Glasobjekte wie eine Orgel oder eine Trompete.

Poesie im Glas

Während in Shop und Galerie die komplette Kollektion sowie Unikate aus der Serie "Poesie in Glas" zu finden sind, sucht man hier umsonst nach großen Mengen. Bei Eisch wird nur auf Bestellung gearbeitet.

Hier gibt es keine Massenware und alles wird ausschließlich vor Ort produziert. Kunden müssen daher zwei bis drei Monate warten. Darunter der englische Hof, der zum Beispiel 150 Kerzenständer mit königlichem Emblem bestellte. Arabische Prinzen, reiche Russen und Chinesen sowie Luxushotels zählen zur Kundschaft. Jedes Stück ist mundgeblasen, geschliffen, graviert und bemalt. Bei den Eisch ist Kristall noch immer dieses einzigartige, kostbare und raffinierte Material.

Glasgärten

In Frauenau gibt es noch mehr zu bewundern.

Im Park zeigen die Werke internationaler Künstler alle Möglichkeiten der Glasverarbeitung. 21 Stücke zeugen von ihrem kreativen Geist und technischem Know-how.

Glas im Wandel der Zeit

Ein Besuch des Glasmuseums ist unumgänglich. Es führt auf unterhaltsame und lehrreiche Weise durch die Geschichte des Glases.

Die sehr gefällige und zugängliche Inszenierung deckt einfache oder luxuriöse Errungenschaften auf, vom Anfang der Glasnutzung bis zum Zeitalter der Industrialisierung. Von historischen Gläsern bis hin zu zeitgenössischen Kreationen steht den Besuchern die ganze Welt des Glases offen.
Eine ganze Abteilung widmet sich dem Leben der Glasmacher. Planen Sie lieber etwas Zeit ein!

Videoausschnitt eines kleinen Musikstücks mit einer Glastrompete!

Theresienthal

Dieses kleine, ganz kleine Glasmuseum, von den Vereinsmitgliedern liebevoll "Schlösschen" genannt, ist einen Besuch wert.

Die besondere und etwas intime Atmosphäre, die dort herrscht, ist perfekt für die ausgestellten Prachtstücke. Die Kristallmanufaktur Theresienthal, auf Initiative von König Ludwig I. von Bayern und Königin Theresia gegründet, produzierte kostbare Gläser für den bayerischen Königshof, für Napoleon III., für die Zaren... Zu bewundern sind auch für König Ludwig II kreierte Objekte, ganz in rubinrot und mit Goldrand verziert, die früher in Schloss Neuschwanstein thronten.
Nach dieser Reise durch die Pracht des 19. Jahrhunderts führen ein paar Stufen hinüber zur Fabrik. Auch hier können Sie den Glasbläsern bei der Arbeit zusehen.

Zwiesel -Dampfbier

So viele Besichtigungen machen durstig. Kein Problem, denn im Land der Glasmacher sind auch die Bierbrauer zuhause. Wie überall in Bayern ist die Region reich an kleinen Brauereien.

In Zwiesel sind uns die Werbeschilder für „Dampfbier“ aufgefallen. Dampfbier, was ist das denn? Ein Besuch - und eine Verkostung! - sind unumgänglich!

Wir entdecken eine kleine Brauerei, die eigentlich wie ein Museum anmutet. Viele alte Gegenstände erinnern an die Anfänge der Produktion. Elisabeth Pfeffer führt die Familientradition stolz fort. Zusammen mit Ehemann Mark, braut sie süffige Biere darunter das berühmte „Dampfbier“: „Um die Jahrhundertwende waren Weizen und Hopfen seltene und teure Rohstoffe. Wolfgang Pfeffer braute deswegen Bier nur noch mit Gerstenmalz. Die Obergärung in den Holzbottichen ging so schnell, dass sich große Bläschen bildeten, die platzten. Die Leute glaubten, dass Bier Dampf abgab! "

 

Aber lassen Sie uns unsere Reise nach Bayern fortsetzen und den Nationalpark besuchen