Neueste Ausgabe : 01 Februar 2018
Auch in Deutschland gibt es vier Jahreszeiten. Aber auch, und das ist seltener, eine Fünfte, die der Fastnacht!
Während in den Hochstädten des Rheinkarnevals Mainz und Köln, kilometerlange Wagenkolonnen durch die Städte ziehen und die Politik und Missetaten der Großen dieser Welt parodieren, findet im badischen Land der Karnevalsumzug zu Fuß statt ! Und mit ganz besonders eigentümlichen Gestalten!
Es gibt Hexen, Teufel, Narren, Wilde, Waldzwerge, Trauernde, Winterfeger und so weiter. Jedes Dorf hat seine eigene Karnevalsfigur und Vereine sorgen das ganze Jahr über für Respekt der Traditionen, wachen aber auch über das Verhalten seiner Mitglieder. Es kommt zum Beispiel nicht in Frage, wegen Trunkenheit bemerkt zu werden, wenn Sie auch zur nächsten Fastnacht das traditionnelle Kostüm überziehen wollen!
In jedem Dorf gibt es hunderte, sogar tausende Mitgleider, die marschieren, rennen, akrobatische Sprünge vollziehen, die Zuschauer (besonders die Mädchen und jungen Frauen!) erschrecken, und einen monströsen Krach schlagen, um den Winter zu vertreiben. Jede Fastnachtsfigur hat eine bestimmte Bedeutung, die oft mit der Geschichte des Dorfes verbunden ist.
Alle Eigenheiten der alemanischen Fastnacht zu erklären, ist etwas schwierig und langwierig. Das muss auch nicht sein. Hauptsache, alle haben Spaß und feiern. Denn es ist Karneval!
Es ist schwer, sich zwischen den Hochburgen der germanischen Fastnacht zu entscheiden. Deshalb haben wir uns für einen Kurztrip in den Schwarzwald ein paar Tage frei genommen, um diese ganz besondere Atmosphäre mitzuerleben.
Schramberg, eine kleine Stadt mit technischen Museen (Modelleisenbahn, Uhrmacherei etc.). Hier herrscht die haarige Katze (!) über die emblematischen Figuren "Hänsel", "Brüele" und "Da-Bach-na-Fahrer" ...
Viele Symbole erscheinen auf den Kostümen der verschiedenen Figuren. Die Sonnenuhr mit dem Zeiger auf 23h45 ist eine Anspielung auf die Uhrmachervergangenheit der Stadt und eine Mahnung: Am Aschermittwoch wird der Karneval begraben ...
Am originellsten sind die „Da-Bach-na-Fahrer“, gekleidet in eine blaue Bluse und einen ... Holzbottich. In der Menge der grinsenden und lächelnden Narren fällt die Maske des "Brüele" mit seinen Falten und Trauertränen auf.
Alle diese Figuren, versteckt hinter prachtvollen, aus Holz geschnitzten Masken, verteilen Süßigkeiten an die Zuschauer. Aber wer während des Umzugse Schokolade und andere Süßigkeiten ergattern will, muss zwei Reime aufsagen: „Da Bach na, da Bach na - mit Kummer un mit Sorga; bis am Asch-, bis am Asch, Aschermittwochmorga “oder“ Hori, hori, hori is die katz, und wenn die katz net hori is dann gfallt sie dena maidla nit .... ”. Am besten Sie üben schon 'mal!
Keine Angst, singen Sie einfach die simple Melodie weiter, wenn es mit der Aussprache nicht so ganz genau klappen sollte.
Nach dem Umzug drängen sich alle vor dem Rathaus, um auf den berühmten „Brezelsegen“ zu warten: Die Bäcker der Stadt backen 30.000 Brezeln, die an die Besucher verteilt werden.
Montagmorgen ziehen die "Musikerkatzen" ab 6 Uhr morgens mit lustigen Musikinstrumenten durch die Straßen und erzeugen teilweise recht unharmonische Klänge! Um 11 Uhr kommen dann die „Da-Bach-na-Fahrer“ vor ihrer großen Abfahrt auf dem Bach in lustigen Bottichen an ... Etwa vierzig Boote legen los.
Es ist wohl unnötig zu sagen, dass nur wenige von ihnen nicht umkippen?
Während ihre Kapitäne dann trocknen, zieht ein weiterer grosser Umzug durch die Stadt ...
Der „Schüttig“ in Elzach macht ein bisschen Angst. Man hört sie lange bevor man sie durch die Straßen der Kleinstadt ziehen sieht! Bewaffnet mit Schweineblasen lassen die Dreihorn-Teufel sie krachen wie verrückt ..... 3000 Schweineblasen, das macht ganz schön Lärm! Passen Sie auf, dass Sie nicht ins Visier genommen werden! Mit einer großen Holzschere bewaffnet, ist der „Schuttig“ vor allem hinter den jungen Damen im Publikum her!
Nach dem Umzug stärken sich die „Schuttig“ vor dem teuflischen Rendezvous am Abend: dem Fackelumzug und dem Teufelstanz um den Scheiterhaufen. Im Licht der Flammen können die Masken gruselig wirken ..... Nervenkitzel garantiert! Danach herrscht für einen guten Teil der Nacht Partyzeit in den Straßen und Bistros, bevor ein neuer Karnevalsumzug stattfindet.
Der „Schüttig“ ist einer der ältesten Charaktere des alemanischen Karnevals. Man erkennt ihn an seinem Dreispitz, der mit 300 Schneckenhäusern und drei großen roten Pompons geschmückt ist. Der Bittruf um Süßigkeiten? "Tralaho"!
In Rottweil heisst es früh aufstehen, um vor diesem ganz besonderen "Sprung" einen guten Sitzplatz zu ergattern. Die Nacht ist sowieso kurz, ganz kurz in unserem kleinen Hotel: Ab 5 Uhr streift die Gardekapelle durch die Straßen. Und spätestens um 6 Uhr zieht der Wirt mit seinen Faschingsglocken durch die Räume....
Machen Sie sich also auf den Weg in die Innenstadt und das schwarze Stadttor. Mit dem 8. Schlag der Uhr öffnen die Reiter und die städtische Fanfare den Weg für die Narren, die zu Tausenden durch das Tor springen, um mit einem manchmal ohrenbetäubenden Lärm auf die Straße zu strömen. 6000 Maskenträger paradieren, springen, schlagen Purzelbäume, necken die Mädchen mit Kuhschwänzen. Sie verteilen aber auch Brezeln, Mandarinen, Bonbons und Schnapsfläschen.
Es ist ein überwältigendes Spektakel, Tausende von Narren, die auf den ersten Blick alle gleich aussehen. Aber bei näherer Betrachtung gibt es ein paar Unterschiede, die alle wichtig sind. Vor allem in Rottweil, wo die Fastnacht von der Zunft sehr ernst genommen wird, noch mehr als anderswo: Nur wer seit mehr als 10 Jahren in Rottweil lebt, hat das Recht, eines der traditionellen Kostüme anzuziehen, das niemals ausserhalb der Stadt getragen werden darf.
Zwei gute Stunden lang dauert dieser Narrensprung. Die "Federhannes", erkennbar an den aufgenähten Federn ihres Kostüms, vollführen Sprünge mit ihrer Stange, die "Gschells" springen, um die schweren Glocken zu läuten, mit denen sie bekleidet sind .... Ein paar lustige Gestalten mischen sich in diesen endlosen Zug: die „Guller“, ein lustiger Hahn, oder auch das „Rössle“, ein armes Pferd, geführt von erbarmungslosen Stallburschen ....
Hier ist die Fastnacht eleganter als anderswo. Denn die Hauptfigur, der „Narro“, enstand unter Herzog Albrecht von Österreich, der dem guten Bürger das Recht einräumte, den Karneval so zu feiern, wie es seine Tradition wollte. Der Aufwand für eine elegantere Maske hat sich gelohnt und der "Narro" etablierte sich als Aristokrat der alemanischen Fastnacht. Das Kostüm ist bedruckt mit Symbolen der Fruchtbarkeit und des Frühlings, um den Kampf gegen den Winter anzukündigen.
Das beeindruckendste Zubehör der Kostüme sind die 20 kg schweren Bronzekugeln. Durch das Springen bringen ihre Träger sie zum Klingen. Eine echte Leistung! Auch nicht gerade bequem zu tragen, das Gewand der "Wüschts", deren Hosen so mit Stroh vollgestopft sind, dass sie sich kaum vorwärts bewegen können. Und doch ziehen sie nicht nur mutig durch die Strassen, sondern messen beim Tauziehen ihre Kräfte!
Vorsicht vor den "Stachi", erkennbar an ihrer blauen Bluse. Bewaffnet mit Besen oder langer Schere ergattern sie gerne Mützen und Hüte. Sie jagen auch den armen "Butzesel" mit der Kutscherpeitsche.
Sehr elegant, die „Morbili“, die liebenswerten Damen, die „Narro“ und „Stachi“ begleiten. Allen gemeinsam ist die Maske, die eine alte Dame darstellt, und eine mit Blumen besetzte Mütze, aber ihre Kleider repräsentieren die verschiedenen Villinger Trachten.
Der Schlachtruf, den man in Villingen kennen sollte? "Rhabarber ahoi" und "Gizig, gizig, gizig isch de .....". Fragen Sie einfach die Einheimischen!
Wenn Kinder eifrig Süßigkeiten und Schokolade sammeln, greifen die Erwachsenen lieber zu den großzügig verteilten Schnapsfläschen.
Im Schatten der Burg Hohenzollern wird zur Fastnachtszeit das „Bräuteln“, verewigt. Selbst Prinz Karl Friedrich von Hohenzollern hatte sich diesem Brauch vor einigen Jahren unterzogen!
Der Legende nach waren die Menschen nach dem Dreißigjährigen Krieg so arm, dass sie nicht mehr an eine Heirat dachten.
Als ein junger Mann es trotz allem wagte, hoben ihn seine Freunde an einer Stange hoch, um ihn zu den Klängen von Pfeifen und Trommeln triumphierend um den Dorfbrunnen zu tragen.
Seitdem ist jeder Mann eingeladen, der im Vorjahr geheiratet hat oder gerade einen silbernen, goldenen oder anderen Hochzeitstag gefeiert hat, an dieser fröhlichen Runde teilzunehmen. Am Faschingsdienstag trifft man sich vor dem Rathaus rund um den Brunnen, um dem Spektakel beizwohnen – und die vom Brautpaar großzügig verteilten Brezeln, Würstchen, Kuchen und andere Süßigkeiten zu ergattern.
Begleitet werden der Bräutigam und seine Kumpane von weiteren emblematischen Figuren der Fastnacht in Sigmaringen wie dem Schlossnarr und den Fledermäusen. Nach dem Umzug am Nachmittag wird in der Stadthalle kräftig gefeiert bevor um 19 Uhr der Karneval auf dem Marktplatz verbrannt wird
Überall in Deutschland, um Mitternacht, nimmt jeder Narr erschöpft seine Maske ab ...die Karnevalszeit ist vorbei ...