Neueste Ausgabe : 23 Dezember 2018
« Stille Nacht, Heilige Nacht »…, erweckt in uns allen Erinnerungen, Sehnsucht nach Frieden und Liebe. Ob wir es in der Kirche oder zu Hause singen, in Gemeinschaft, in der Familie oder auch allein : für einen Moment scheint die Zeit still zu stehen.
Die Spuren von « Stille Nacht » führen nach Oberösterreich, Tirol und ins Salzburger Land. Museen in Wagrain, Fügen und Arnsdorf erzählen die magische Geschichte dieses ergreifenden Liedes das in der Adventszeit auf allen Erdteilen erklingt.
1816, in einer von den Napoleonischen Kriegen heimgesuchten Region, komponiert der junge Priester Joseph Mohr ein Gedicht, das die Hoffnung auf ein besseres und friedliches Leben zum Ausdruck bringt. Zwei Jahre später bittet er seinen Freund Franz Gruber, Lehrer und Organist, dieses Gedicht zu vertonen, um seinen Gemeindemitgliedern eine kleine Weihnachtsfreude zu schenken.
1818. Es ist Weihnachten im kleinen Ort Oberndorf unweit von Salzburg. Nach der Mitternachtsmesse in der St. Nikola-Kirche, singen Mohr und Gruber « Stille Nacht », nur begleitet von einer Gitarre. Der einfache Text und die wie ein Wiegenlied komponierte Melodie, lieblich wie ein langsamer Walzer, berühren die Herzen der Gemeindemitglieder.
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Ein Verkaufsschlager
Die Geschichte erzähtl, dass der Orgelbauer, Karl Mauracher, das Lied in Oberndorf gehört und an Tiroler Sängerfamilien weitergegeben hätte. Zehn Jahre nach seiner « Uraufführung », erreichte das Lied den 1. Platz in den Vereinigten Staaten. Ein Erfolg, der insbesondere der Familie Rainer zu verdanken ist. Nachdem die Tiroler Sänger und Sängerinnen es vor Zar Alexander I. und dem österreichischen Kaiser Franz I. mit großem Erfolg vorgetragen hatten, beginnen die Rainers eine wahre Europatournee.
Ein französischer Geschäftsmann, Eugen Burnand, engagiert die Rainers für eine Tournee durch Amerika. Zwar verschwindet er eines Tages mit der Kasse, aber die Tiroler machen ein Vermögen. Sie treten in den Vereinigten Staaten, Russland, der Türkei auf. Mit ihren musikalischen Darbietungen avancierten sie zu den „Popstars“ der Zeit.
Eine andere Familie verbreitete « Stille Nacht » in Deutschland: die Strasser, eine Bauernfamilie aus Tirol, die im Winter als Strassenhändler unterwegs waren. Um Kunden an ihren Stand mit Handschuhen zu locken, singen auch sie das berühmte Weihnachtslied. Er war so beliebt, dass die Strassers eingeladen wurden, in Theatern und Kirchen aufzutreten. Sie geben definitiv ihr Geschäft auf, um sich dem Gesang zu widmen ...
Eine Friedenshymne
Lange galt Stille Nacht als einfaches Volkslied dieser Bergregion in Tirol. Erst 1854 wurde es Franz Gruber zugeschrieben, nachdem der Komponist eine offizielle Anerkennung beantragt hatte. Davon zeugt eine Originalpartitur, die im Salzburg Museum aufbewahrt wird.
Stille Nacht, Heilige Nacht ist nicht nur irgendein Weihnachtslied, sondern gilt als internationale Friedenshymne. 1914, wenige Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs, war das Lied Teil des sogenannten « Wunders der Verbrüderung »: Am 24. Dezember verstummten die Geschütze in den Schützengräben an der Ypern-Front in Belgien. Tausende Soldaten verschiedener Nationalitäten feiern das « Weihnachten des Krieges ». Sie spielen gemeinsam Fußball, tauschen kleine Geschenke aus und singen « Stille Nacht », jeweils in ihrer eigenen Sprache. Alle teilen den gleichen Wunsch: dass der Frieden zurückkehre.
Ein unerfüllter Wunsch, denn 27 Jahre später herrschte wieder Krieg. Und wieder ertönte « Stille Nacht », diesmal von der Terrasse des Weissen Hauses, gesungen von US-Präsident Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill…
Mehr als zweihundert Jahre nach seiner Entstehung hat das Lied den Status einer wahren universellen Hymne, die seit März 2011 im immateriellen Erbe der Unesco eingetragen ist. Es gibt ein Musical, einen Fernsehfilm, Konzerte, Bücher und CDs… und sogar ein Bier namens « Stille Nacht »!
Eine Reise um die Welt in Wagrain
Sein weltweiter Erfolg beruht auch auf seiner Übersetzung in mehr als 300 Sprachen und Dialekte: Chinesisch, Armenisch, Hawaiianisch, Persisch, Türkisch ... Eine Version wurde sogar von Albert Schweitzer aus Lambaréné in Gabun geschickt!
Ganz besonders interessant ist ein Besuch im Pflegeschlössl in Wagrain, dem letzten Wohnort von Joseph Mohr.
Das neue Museum, zeigt die internationale Dimension von Stille Nacht auf.
Auf der Außenverkleidung zeugen Stille-Nacht-Strophen von der Berufung des Museums.
Wer durch die Tür des Pflegerschlössls, ein kleines Juwel im Barockstil, tritt, begibt sich auf eine Reise durch die Zeit und um die Welt. Die interaktive Präsentation des Museums macht seinen Besuch besonders interessant. Fährt man mit dem Finger über einen Globus, erscheinen Weihnachtsbilder.
Jeder kann auch ein paar Fotos, ein kurzes Video oder einen Text schicken, um diese schöne Animation zu aktualisieren. An einer Wand ist Stille Nacht in vielen Sprachen verfügbar und mit einem einfachen Klick können Sie fast 200 Übersetzungen entdecken.
Allerdings ist die Bedeutung der übersetzten Texte oft sehr weit vom Original und sogar von seinem religiösen Kontext entfernt. Aber ob chinesisch oder koreanisch : Egal in welcher Sprache, die Magie des Liedes wirkt immer, so sehr ist die Melodie Teil unseres kollektiven Gedächtnisses.Wer sich davon überzeugen will: im Heimatmuseum in Fügen findet sich die wohl weltweit umfassendste Schallplattensammlung von Stille Nacht mit Interpretationen von Opernsängern, Rock-Legenden oder Popstars. Aber am schönsten bleibt die schlichte Version : singen mit Herz.